Comeback der legendären Elektro-Pioniere Yello

    Die guten Neuigkeiten aus der Musikwelt 2020 kommen aus dem legendären Hause «Yello». Die Schweizer Legenden mit dem einzigartigen und unverwechselbaren Sound haben erst kürzlich das neue Meisterwerk «Point» veröffentlicht und wir haben Yello zum Interview getroffen.

    (Bild: Universal Music) Yello veröffentlichte kürzlich das neues Album «Point».

    Mit der Debut-Single «Bostich» eroberten Yello die afro-amerikanischen Dance-Klubs von New York – wie genau das passierte, bleibt ein Rätsel. Danach ging ihr Sound – eine Collage von Musik aus aller Welt – um die Welt. Beseelt vom Dada-Geist ihrer Heimatstadt Zürich sowie den Platten von John Coltrane, Pink Floyd und den Residents hatte jeder Klang eine wilde Story zu erzählen. Diese Stories mochten absurd, abstrus oder einfach nur lustig sein. Immer aber hatten sie Swing und – «oh, yeah!» – mächtige Ohrwurmqualitäten.

    Ein Yello-Album ist eine klingende Fahrt ins Blaue. Wir wissen, wo die Reise beginnt, aber wir haben keine Ahnung, wo sie aufhören wird. Das war schon immer so, und ist auch mit dem neuesten Wurf, genannt «Point», nicht anders. Dieter Meier und Boris Blank – Songschreiber-Duo, und immer adrett gekleideten kultigen Meister des Stakkato-Elektro-Pop, veröffentlichten ihr neustes Meisterwerk. «Point» ist auf die genau gleiche Weise entstanden, wie die dreizehn Alben vorher und die immergrünen Gassenhauer «Oh Yeah», «The Race» oder «The Rhythm Divine». Mit dem letzten Album «Toy» surften Yello auf sphärischen Klangwellen. Nun sind sie wieder auf dem Erdboden gelandet. Das freudvoll swingende «Waba Duba» gibt den verspielten Ton an und gemahnt in seiner dadaistischen Pointiertheit an die frühen Tage. «Arthur Spark» schafft das typisch Yello-hafte Kunststück, Nonsens-Worte mit Dance-Beats und fernwehhafter Melancholie zu vereinen. «Hot Pan» beschwört die Welt der alten Spaghetti-Western herauf und subvertiert sie zugleich, «Rush for Joe» serviert ein grandioses Posaunen-Solo, und zum Dessert kredenzt die chinesische Sängerin Fifi Rong ein herrliches Lied über die grenzenlose Liebe, mit der das Leiden der Menschheit besiegt werden könne.
    Das Kult-Duo ist endlich zurück und wir trafen Dieter Meier und Boris Blank von Yello in Zürich zum Interview.

    Hallo Yello, seid ihr auf Kurs?
    Boris Blank: Wir freuen uns auf den Release unserer neuen Platte «Point». Kürzlich hatten wir ein tolles Erlebnis an der Zürcher Hochschule der Künste ZHdK. Sie verfügt über ein Kino, welches mit «Dolby Atmos» ausgerüstet ist, mit dem ein dreidimensionales Klangfeld erzeugt wird. Eine Version auf unserer neuen Platte wurde mit «Dolby Atmos» abgemischt. Es hat mich sehr positiv überrascht, wie unsere Musik dort klingt. Anfangs der 60er Jahre ging es von Mono zu Stereo und jetzt von Stereo auf die 3D-Klangqualität, welche wirklich überwältigend ist.

    Das neue Yello Meisterwerk trägt den Titel «Point»!
    Boris Blank: Den Titel kann man verschieden interpretieren, wie z.B. «The Point Of No Return». Jetzt können wir nicht mehr zurückkehren, es geht nur noch vorwärts. Man kann aber auch «Brennpunkt» oder «Treffpunkt» nennen oder beispielsweise «Schlusspunkt». Letzteres wird bei uns ziemlich sicher nicht der Fall sein. Mit «Point» haben Yello ihre Musik auf den Punkt gebracht.

    Gibt es demnächst eine Tournee?
    Dieter Meier: Geplant ist ein bisschen zu viel gesagt. Boris hat die letzte Tournee sehr gut gemeistert und wir haben auch schon über eine neue Tour gesprochen. Wann das genau stattfinden wird, wissen wir jedoch noch nicht. Diese wird aber anders aufgebaut sein als die letzte Tour. Auf der letzten Tour gab es nur wenig Platz für Improvisation. Für mich als Sänger war es nicht ganz einfach bezüglich dem Rhythmuskonstrukt. Dieses ist ja nicht aufgebaut wie ein normaler Pop-Song. Es ist viel undefinierter und komplexer und darum musste ich immer sehr aufpassen, damit ich die Einsätze nicht verpasse. Ich habe zudem noch eine andere Band, die «Out of Chaos». Wenn man in so einer Band spielt und mal etwas «daneben» geht, dann fangen die Musiker dich wieder auf oder man singt beispielsweise den Refrain zwei Mal hintereinander. Das kann man natürlich bei den Yello Auftritte nicht machen. Mit dem «Yellofier» – das ist eine «Taschenstudio-App», welche Boris erfunden hat – kann man Töne samplen und bearbeiten. Diese haben wir auch bei der Echo Verleihung Live auf der Bühne vorgeführt, Das Publikum war begeistert, wie mit dieser App ein Song zustande kommt. Das möchten wir nun auf der Bühne machen mit zwei oder drei Instrumentalisten. Auf diese Weise können wir live on Stage direkt Songs kreieren.

    Seit 1978 beglückt Yello mit einzigartiger und grossartiger Musik den gesamten Globus. Was hat sich für euch in diesen über 40 Jahre verändert?
    Boris Blank: Ich bin bei Yello für die Musik zuständig, und es hat sich in der Musiktechnologie auf jeden Fall sehr viel verändert. Die Möglichkeiten von heute – beispielsweise wie man mit Computern musiziert – im Vergleich zu früher, ist viel komfortabler geworden. Früher benötigte man sehr schwere Maschinen mit dicken Bändern sowie schwere Mischpulte, die den Raum im Sommer sowie auch im Winter oft überhitzten. Diese Geräte benötigen auch viel Strom. Heute ist alles in einem «kleineren Rahmen», respektive in einer kleineren Dimension. Meine Arbeitsethik und meine Art, wie ich Musik mache, ist aber immer noch wie früher. Da hat sich nicht so viel verändert. Die Idee, Klang und Geräusche gemeinsam zu «matchen», bis etwas entsteht und das Klanggebilde da ist, ist immer noch dieselbe.

    Die Erwartungen auf das neue Yello Album waren gross. Wie ist das Album entstanden?
    Boris Blank: Bei einer Band sind es zum Beispiel fünf Leute, welche an den Songs für eine Platte arbeiten. Die Musikstücke werden im Studio aufgenommen. Dabei feilen sie so lange an den Songs bis es passt. Bei meiner Arbeitsweise ist es aber eher so, dass ich wie ein Bildhauer oder wie ein Maler an die Songs herangehe. Im Computer habe ich viele unfertige und zum Teil fast fertige Stücke, welche in Arbeit sind, und die ich immer wieder mal hervorrufe und daran arbeite. Es ist wie ein Bild malen. Wenn ich nicht weiterkomme, stelle ich es wieder zurück ins «Atelier» und «male» dann irgendwann mal weiter. So entstehen die Songs, es werden anschliessend einige Stücke ausgesucht und diese gehen an die «Ausstellung»– wie bei einem Maler, welcher mit den besten Bildern an die Ausstellung geht, ist es bei uns das Album. Dieter kommt mit dem Gesang dazu. Oft kommt auch eine Gastsängerin oder ein Gitarrist dazu, und so entsteht ein Yello-Album.

    Und die Lyrics?
    Boris Blank: Die meisten sind von Dieter. Es hat auf dieser Platte drei Stücke, bei denen ich die Lyrics beigesteuert habe. Diese sind eher «dadaistisch» und haben für sich keine grosse Bedeutung. Bei zwei Songs hat Fifi Rong die Lyrics geschrieben und gesungen.

    Wie sieht ein Alltag bei Dieter Meier aus?
    Dieter Meier: Der hat viele Aspekte. Ich bin unter anderem auch in diversen kommerziellen Unternehmungen tätig. Zurzeit arbeite ich an einem grossen Projekt, und zwar an der Schokoladenfabrik, welche sehr viel Zeit beansprucht. In Argentinien habe ich relativ viel Land, wo wir verschiedene Produkte produzieren, wie zum Beispiel Nüsse, Beef, Wein und andere Leckereien. Dann kommt auch noch die Kunstabteilung, wo ich immer wieder mal eine Museumsausstellung habe. Zudem spiele ich noch bei einer anderen Band namens «Out of Chaos», welche völlig anders aufgebaut ist als Yello. Boris und ich passen somit ideal zusammen, weil ich auch viel anderes mache. So möchte auch Boris, dass ich ihn drei oder vier Jahre mal in Ruhe lasse (schmunzelt). Ein Buch sowie ein Kinderbuch sind auch noch in Arbeit, wobei der erste Teil des Kinderbuches bereits schon veröffentlicht wurde und der zweite Teil noch folgt. Momentan haltet mich aber der Bau der Schokoladenfabrik und die Entwicklung einer neuen Methode, um eine bessere Schokolade zu machen, sehr auf Trab. Wir hoffen, dass wir bis Ende November produktionsbereit sind.

    Interview: Christos & Christos

    www.yello.com
    www.universalmusic.ch

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